
The Warrior – Der Krieger
Ademola Okulaja aka The Warrior
Unermüdlich, unerbittlich. Einer der besten Forwards seiner Ära.
Ich könnte euch jetzt die Zahlen und Fakten um die Ohren schmeißen, wie sie auf Wikipedia und den unzähligen Berichten dargestellt sind, über seine größten Erfolge, Meilensteine, Stationen in den USA, Europa, mit der Nationalmannschaft. Doch ich möchte mir nicht anmaßen, Sportjournalisten herausfordern zu wollen. Ich bin nicht gut mit Zahlen. Ich bin ein Gefühlsmensch. Und die Geschichte, die ich euch erzählen möchte, ist es wert, gelesen zu werden. Weil sie zeigt, was ihn wirklich ausmachte. Weil sie Aufschluss darüber gibt, wie einer der größten seiner Ära überhaupt soweit kam. Nicht nur durch die Kraft seiner Beine, nicht allein durch Disziplin oder Ehrgeiz. Sondern durch eine Kraft, die weit tiefer reicht. Die Kraft der Vorstellung, des Willens, der Gedanken. In einer der vielen Nächte, in denen wir nachts, wenn das Licht gelöscht war, noch lange ineinander verknotet im Dunkeln lagen, erzählte er mir, wie alles begann. Er sprach leise, fast nebenbei, aber ich hörte genau hin. Er war ein stiller Junge, der im Schulbus durch Zehlendorf fuhr, die Stirn an der Scheibe klebend. Draußen zogen gepflegte Häuser vorbei, Gärten und Einfahrten mit Basketballkorb. Damals dachte er sich: eines Tages wohne ich hier. Ich komme aus diesem Haus heraus. Ich laufe diesen Weg herunter. Er hat es sich vorgestellt, immer wieder und irgendwann war dieses Bild mehr als ein Wunsch. Es wurde ein Ziel. Später, als er mit Basketball anfing, wollte er wachsen. Er legte sich abends ins Bett und sagte sich: danke, dass ich wachse. Danke, dass ich groß bin. Es war nicht einfach ein Wunsch. Es war eine innere Gewissheit. Er glaubte daran, mit jeder Faser. Und er wuchs. Manchmal so schnell, dass er sich selbst über den Haufen lief. Er erzählte mir, wie er plötzlich gegen Tischkanten stieß und Gläser umwarf, weil der Arm oder das Bein über Nacht gewachsen war. Als er größer war, wollte er besser sein. Besser als die Jungs auf den Courts, besser in den Teams. Und als er bei Tusli spielte, sagte er. Ich will Berlins Bester sein.
Ademola OAK- ulaja
Dann kam Alba. Dann der Korac Cup. Dann die Nationalmannschaft. 172 Länderspiele. Kapitän. Bronze bei der WM 2002. Und doch: egal, wie groß die Bühne- der Satz blieb. Es ist alles im Kopf. Er sagte ihn zu den Jungs, sagte ihn sich, sagte ihn auch mir, als der Krebs wieder kam. Beim dritten Mal saßen wir im Behandlungszimmer. Die Diagnose war niederschmetternd. Er nahm meine Hand, sah mich an und sagte ruhig: es ist alles im Kopf. Die Werte sind mies, ja. Aber sie werden wieder. Schau, was sie vor zehn Jahren gesagt haben: Ein Jahr. Und ich bin immer noch hier. Dieser unerschütterliche Glaube an die eigene Kraft, an das Leben, der hat mich mitgetragen. Er hat uns beide getragen. Ich zweifelte nicht. Ich glaubte ihm. Ich vertraute auf seine Worte. Auf seine Augen. Auf unsere Liebe. Ich beobachtete die anderen Paare in der Klinik. Meist ältere Menschen, vertraut, leise, zärtlich und ich wusste, wir sind wie Sie. Ein eingespieltes Team. Eins im Herzen, nicht im Körper. Wir brauchten oft keine Worte. Aber nachts, da erzählte er mir Geschichten. Und ich saugte sie auf. Er sprach von Träumen, von Bildern, die wahr wurden, von Gedanken, die Realität wurden. Als er in die Klinik kam, die er nicht mehr verlassen sollte, nahm er wieder meine Hand. Der Arzt sagte, es sei nur noch eine Frage von Tagen. Und er schaute mich an, als wollte er sagen: Glaubst du ihm, oder glaubst du mir? Und ich glaubte ihm. Bis zum letzten Atemzug. Bis zu unserem letzten Kuss.
Anfang des Jahres lag mein Sohn Yuma eine Woche in der Klinik: Verdacht auf Querschnittslähmung. Er konnte seine Beine nicht spüren. Aber er schaute mich an, lächelte und sagte: Mama, es ist alles im Kopf. Ich bin dankbar, dass ich laufen kann, ich bin dankbar dass ich springen kann. Ich spiele bald wieder. Er passt auf mich auf. Und wieder dieser Blick. Der selbe Blick. Die selbe Kraft. Der selbe Glaube. Ich hielt seine Worte fest wie ein Gebet. Ademola Okulaja the Warrior. Mein Lebensmensch. Mein Spiegel. Mein Anker. Mein Sturm. Mein Zuhause. Mein Lehrer. Mein Kindskopf. Mein Held. Ich kannte ihn wirklich. Ich kannte diesen Mann, der nicht einmal beim Kartenspiel nur zum Spaß spielte. Der immer gewinnen wollte. Der 100 Partien Tischtennis mit mir gespielt hätte, bis er endlich gewann. Der meine Kelle am liebsten ins Gebüsch geworfen hätte und sich dann doch wieder fing, tief atmete, über seinen eigenen Wahnsinn hinaus lächelte und sagte: komm, wir essen was. Ich glaube, wir haben uns ganz gut ergänzt. Ich einen Kopf kleiner. Er 40 cm größer. Er wollte wachsen. Ich wollte verstehen. Und am Ende war alles einfach Liebe.
Ich hoffe diese Geschichte hat euch inspiriert. Ich hoffe, sie hat euch berührt. Vielleicht pflanzt sie in euch einen kleinen Samen. Einen Wunsch. Einen Gedanken. Vielleicht erinnert ihr euch an sie, wenn euch Zweifel packen. Oder Angst. Vielleicht hilft sie euch, an euch zu glauben. Und zu wachsen. In eurem Tempo. Auf eure Weise. Es ist alles im Kopf.




Basketball in seiner DNA
Bilder und Highlights aus dem bewegten Leben des Kriegers.






04.09.2003; Training der Deutschen Mannschaft:
Ademola Okulaja kühlt seinen Fuß Foto: Camera4
Persönliche Meilensteine


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